Für knapp eine Milliarde Euro hat der Immobilienkonzern Vonovia 30 Prozent seiner Anteile an seiner Tochter Süddeutsche Wohnen (SÜDEWO) an einen Investor verkauft. Von dem Geschäft sind ca. 21.000 Mieterinnen und Mieter in Baden-Württemberg betroffen. Die neuen Kapitalanleger werden regelmäßig Geld sehen wollen und die Mieterinnen und Mieter werden sich auf weiter steigende Mieten einstellen müssen, befürchtet der Deutsche Mieterbund Baden-Württemberg.
Kauf bricht nicht Miete
Rechtlich ändert sich für die Mieterinnen und Mieter durch den Verkauf der Anteile nichts, betont Rolf Gaßmann, Vorsitzender des Mieterbundes. Neue Miteigentümer übernehmen alle Rechte und Pflichten bestehender Mietverträge. Gleiches gilt auch beim Kauf einer Minderheitsbeteiligung an einer Wohnungsbaugesellschaft. Nichts ändern werde sich auch bei der Bewirtschaftung der Wohnungen, die nach wie vor durch Vonovia erfolgt. Es werde keinen Wechsel der Ansprechpartner geben.
Wer sind die Investoren?
Sorge macht dem Mieterbund, dass bislang unklar ist, wer genau die Anteile an der SÜDEWO erworben hat. „Die Verlautbarung der Vonovia ist äußert intransparent“, sagt der Pressesprecher des Deutschen Mieterbundes Bodensee, Winfried Kropp, der auch Mitglied des Mieterbund-Landesvorstands ist. Die Rede sei von einer Verwaltungsgesellschaft, die von einem Unternehmen namens Apollo verwaltet werde. Wo Apollo seinen Sitz habe und welche Investoren sich an dieser Gesellschaft beteiligen werden, wisse derzeit noch niemand. „Mieter wollen verständlicherweise erfahren, wem ihre Wohnung gehört und wohin die Mietzahlungen fließen.“
Zinsen setzen Vonovia-Konzern unter Druck
Vonovia steht unter erheblichem wirtschaftlichem Druck. Durch zahlreiche Wohnungskäufe in der Vergangenheit ist der Konzern hoch verschuldet und muss durch den Verkauf von Wohnungen Kredite und Anleihen zurückzahlen. Gleichzeitig wollten Aktionäre wie der Finanzkonzern Black Rock oder skandinavische Rentenfonds Dividenden sehen. Mit dem Verkauf der SÜDEWO-Anteile habe der Konzern eine neue „Monopoly-Runde mit den ehemals über 21.000 landeseigenen Wohnungen in Baden-Württemberg“ eingeleitet. Diese wurden 2012 von der Landesbank Baden-Württemberg unter der damaligen grün-roten Landesregierung und mit der Zustimmung der anderen im Landtag vertretenen Parteien privatisiert. „Damals gingen für die Wohnungsgesellschaft etwa 1,4 Milliarden Euro über den Tisch, heute sollen die Wohnungen insgesamt 3,3 Milliarden Euro wert sein, eine Steigerung auf das 2,5-fache in nur 11 Jahren. Der jetzige Verkaufspreis zeigt, wie hoch die Spekulationsgewinne auf Kosten der Mieterinnen und Mieter ausfallen,“ sagt Winfried Kropp.
Ministerpräsident und Wohnungsbauministerin reagieren nicht
Der Landesvorsitzende des Deutschen Mieterbundes Baden-Württemberg, Rolf Gaßmann, hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Wohnungsbauministerin Nicole Razavi schon im letzten Jahr in Briefen aufgefordert, mit Vonovia das Gespräch über deren Verkaufspläne zu suchen. „Von Regierungsseite wurde uns nicht einmal geantwortet. Mietersorgen sind der Landesregierung leider wurscht,“ kritisiert Winfried Kropp.
Alle 15 Monate Mieterhöhung
Vonovia Mieter müssen regelmäßig alle 15 Monate mit einer Mieterhöhung rechnen, so der Mieterbund. Das Unternehmen gehe stets bis zur Obergrenze des rechtlich Zulässigen und wirke so als Preistreiber bei den ohnehin teuren Mieten. „Wohnen ist ein Menschenrecht. Das sollte unsere Gesellschaft nicht an börsennotierte Aktiengesellschaften verkaufen,“ erneuert der Mieterbund seine grundsätzliche Kritik am Monopoly mit Wohnungen der Immobilienkonzerne. Es sei höchste Zeit, dass die Bundesregierung ihre mietrechtliche Untätigkeit aufgebe und die im Koalitionsvertrag vereinbarte Absenkung der Kappungsgrenzen bei Mieterhöhungen umsetzt. Zudem bieten Index-Mietverträge Vonovia derzeit die Möglichkeit zu noch höheren Mietpreissteigerungen, wovon das Unternehmen auch Gebrauch macht. „Dagegen muss die Bundesregierung etwas tun“ appelliert der Mieterbund an die Bundestagsabgeordneten der FDP, die bislang eine Reform blockieren.