Skip to main content

Deutscher Mieterbund Baden-Württemberg e.V.

Nachrichten zu Wohnungspolitik und Mietrecht

|   BW Esslingen

Land hat kein Geld mehr für Wohnungsbau

Mieterbund fordert Kurskorrektur. Landeschef Gaßmann: Warum veröffentlicht Ministerin Razavi diese Tatsache erst mit Verzögerung?

Angesichts der dramatischen Einbrüche im Wohnungsbau muss die Landesregierung durch antizyklisches Verhalten dem Verlust von Arbeitsplätzen und Baukapazitäten im Wohnungsbau umgehend entgegenwirken und die Landeswohnraumförderung mindestens zur Hälfte mitfinanzieren


Der Mieterbund Baden-Württemberg ist darüber erstaunt, dass Bauministerin Razavi erst mit fünfmonatiger Verspätung die Hiobsbotschaft verkündet, dass die Wohnbaumittel für 2024 aufgebraucht sind. Denn, weil zu wenig Geld da ist, können bereits seit Februar 2024 eingehende Förderanträge für Mietwohnungen „erst mit einer Wartezeit von über einem Jahr“ beschieden werden. Dies berichtete Dr. Eckart Meyberg, zuständiger Leiter der Abteilung für Wohnbauförderung im Ministerium bereits in einer Anhörung in Stuttgart am 05.02.24. Die völlig unzureichenden Mittel wurden vom Verband der Wohnungsunternehmen, vor allem aber von Bauwirtschaft, IG Bau und Mieterbund heftig kritisiert.
Besorgniserregend ist, dass für den Mietwohnungsbau schon in 2023 für 58% weniger Wohnungen Mittel beantragt wurden als im Vorjahr. Offensichtlich führen die regelmäßigen Botschaften aus dem Bauministerium, dass die Mittel wieder aufgebraucht sind, dazu, dass Wohnungsunternehmen schon keine Anträge mehr stellen. Wegen mangelnder finanzieller Ausstattung war das Landeswohnungsprogramm von 2022 schon im September des gleichen Jahres ausgeschöpft, das Programm von 2023 bereits schon im Mai 2023.

Der Deutsche Mieterbund fordert vom baden-württembergischen Landtag die nachträgliche Aufstockung der Landeswohnbauförderung von 550 auf 800 Mio Euro, damit alle von der Wohnungswirtschaft beantragten Sozialwohnungen ohne Verzögerung gebaut werden können. Dazu muss der geförderte Wohnungsbau mindestens zur Hälfte auch durch das Land mitfinanziert werden. Weil die Bauwirtschaft am Boden liegt, könnte das Land von der Ausnahmeregelung zur Schuldenbremse in Art. 84 der Landesverfassung Gebrauch machen: „Bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung kann von der Schuldenbremse abgewichen werden.“ Die riesigen Auftragseinbrüche im Wohnungsbau sind weit mehr als ein Abweichen von der Normallage.


 Allein in den Jahren 2022 und 2023 hat der Wohnungsfehlbestand in Baden-Württemberg auch durch hohe Zuzüge um weitere 70.000 Wohnungen zugenommen. Im Jahr 2022 wurden für 85.000 zusätzliche Haushalte in Baden-Württemberg nur 35.000 zusätzliche Wohnungen gebaut. Auch 2023 standen einem Anstieg um voraussichtlich 46.000 Haushalte nur 26.500 Fertigstellungen gegenüber. Verzweifelte Wohnungssuchende, mit Wohnkosten finanziell überbelastete Mieter und Wohnungsunternehmen, die nicht mehr bauen können, haben von der durch Landesbauministerin Razavi oft verkündeten angeblichen „Trendwende“ im geförderten Wohnungsbau noch nichts bemerkt.   


Laut Pestel-Studie hat Baden-Württemberg mit über 200.000 fehlenden Sozialwohnungen den größten Mangel unter allen Bundesländern. Selbst wenn weiterhin 1.800 Sozialwohnungen pro Jahr zusätzlich entstehen würden, bräuchte es über 100 Jahre bis zum Abbau dieses riesigen Fehlbestands. Die Landesregierung wird die Wohnungssuchenden nicht damit vertrösten können, dass die Ur-Ur-Enkel der heutigen Wohnungssuchenden vielleicht in 100 Jahren eine bezahlbare Sozialwohnung finden können. Der Landesvorsitzende vom Mieterbund Baden-Württemberg verweist dazu auf unser Nachbarland Bayern, „wo mit deutlich höherem Mitteleinsatz seit Jahren doppelt so viele Sozialwohnungen gebaut werden wie in Baden-Württemberg und der Bestand an Sozialwohnungen nahezu dreimal so groß ist“.


 Mieterbundchef Gaßmann warnt: „Facharbeitskräfte im Bau, die jetzt entlassen werden, kommen nicht zurück und werden zukünftig fehlen. Durch antizyklisches Verhalten muss die Landesregierung jetzt dringend für bezahlbaren Wohnraum und den Erhalt von Baukapazitäten und Arbeitsplätzen sorgen.“


Der Deutsche Mieterbund Baden-Württemberg ist der Dachverband von 35 Mietervereinen im Land und vertritt 170.000 Mieterhaushalte.