Unter Ausnutzung von Lücken und Unklarheiten im Mietrecht umgehen Profiteure der Wohnungsnot seit Jahren die Regeln des Mietpreisrechts und speziell der Mietpreisbremse. So werden in Stuttgart für angebliche Kurzzeitvermietungen und einfach möblierte Wohnungen Mietpreise von 76 Euro pro qm (siehe Anlage: 25 qm für 1910 € plus Endreinigung) verlangt und bezahlt. Das Angebot an möblierten und damit zumeist überteuerten Wohnungen ist inzwischen so groß, dass vom Portal Immoscout dafür eine eigene Rubrik eingeführt werden musste.
„Der aktuelle Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Buschmann zur Mietpreisbremse geht an der Realität dieser überhitzten Wohnungsmärkte vorbei.“, sagt Rolf Gaßmann, Landesvorsitzender vom Deutschen Mieterbund Baden-Württemberg. „Statt die Mietpreisbremse zu schärfen und wirksame Sanktionen für Vermieter einzuführen, erhöht der Entwurf sogar noch die Anforderungen für den Erlass der notwendigen Rechtsverordnungen durch die Bundesländer. So muss eine Landesregierung zukünftig für jede Kommune gesondert erläutern, was in den letzten Jahren gegen den Mangel an bezahlbarem Wohnraum unternommen wurde. Die Begründung hierfür ist schlicht gelogen: Obwohl die Mietpreisbremse nicht für die nach dem 1.10.2014 (!) gebauten Wohnungen gilt, begründet Buschmann die zusätzliche Erschwernis im Gesetz damit, dass Investitionen in den Neubau nicht behindert werden dürften. Statt notwendige Reformen zur besseren Wirksamkeit anzugehen, soll die Mietpreisbremse lediglich um drei Jahre bis Ende 2028 verlängert werden (im Koalitionsvertrag war noch eine Verlängerung bis 2029 vereinbart). Die Bundesregierung nimmt damit fälschlich an, dass das Wohnungsproblem bis in vier Jahren gelöst sei - ein ignoranter und gefährlicher Trugschluss angesichts explodierender Mieten und dem drastisch eingebrochenen Wohnungsneubau.
Selbst dort, wo die Mietpreisbremse noch gelten wird, bleiben Mieterhaushalte weiterhin über-höhten Mietpreisen ausgeliefert, weil die Mietpreisbremse wegen zahlreicher gesetzlicher Aus-nahmen und fehlenden Sanktionen bislang kaum Wirkung zeigte. So dürfen sich Mieter nicht auf die Mietpreisbremse berufen, wenn der Vermieter schon vom Vormieter eine rechtswidrig über-höhte Miete kassiert hat.
Seit Jahren fordern Mietervereine und der Deutsche Mieterbund wirksame Sanktionen gegen Vermieter, die das Gesetz missachten. „Obwohl in fast der Hälfte aller Wohnungsangebote die zulässigen Mietpreise um mehr als 50 Prozent überschritten werden, haben solche Vermieter keine Konsequenzen zu befürchten“, erklärt Rolf Gaßmann. „Justizminister Buschmann blockiert den vom Bundesrat mit großer Mehrheit beschlossenen Gesetzentwurf zur Ahndung von Miet-preisüberhöhung und legt seine schützende Hand über Wucherer. Doch ohne wirksame Sankti-onen bleibt die Mietpreisbremse ein zahnloser Tiger.“
Dabei bescheinigte eine vom BMJ in Auftrag gegebene Studie zur Wirkung der Mietpreisbremse auf regionalen Wohnungsmärkten nur moderate Effekte. Der Mietanstieg wurde nicht gestoppt, so wie es in großen Teilen der Bevölkerung erwartet wurde, heißt es in der Studie des DIW.
Die Annahme, dass das Wohnungsproblem bis Ende 2028 gelöst sein wird, ist absurd. „Drei Jahre Verlängerung sind nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein der explodierenden Wiedervermietungsmieten. Wir brauchen langfristige Lösungen und wirksame Reformen, um Mieter nachhaltig zu schützen“, fordert der Deutsche Mieterbund.
Die Abgeordneten der Ampel sollten in der Gesetzesberatung im Bundestag dafür sorgen, dass die Rechtslage für Mietende bis mindestens 2030 sicher bleibt und dass Vermieter ordnungs-rechtlich zu Bußgeldern verpflichtet werden können, wenn sie das Gesetz nicht beachten. Zudem sind unsinnige Ausnahmeregelungen zu streichen und ihre Umgehung mittels Möblierung und Kurzzeitvermietung zu beenden. „Wir brauchen endlich eine Mietpreisbremse, die auch gegenüber raffgierigen Vermietern die Sozialpflichtigkeit des Eigentums durchsetzt“, fordert Gaßmann.