Der Mieterbund ist empört darüber, dass die Landesregierung die Verschiebung der Steuerbelastung vom Gewerbe zum Wohnen weder zur Kenntnis nehmen will, noch etwas daran ändert. So behauptet Finanzminister Bayaz in seinem Antwortschreiben an den Mieterbund, „dass Wohnen im Durchschnitt nicht wesentlich mehr belastet wird“.
Dagegen zeigten Befragungen der Stuttgarter Zeitung bei Kommunen in Baden-Württemberg, dass die Verschiebung der Belastung sehr real ist: So steigt der Steueranteil für Wohngrundstücke in Karlsruhe von 16 auf 29 Prozent, in Freiburg von 61 auf 70 Prozent und in Ravensburg von 54 auf 70 Prozent. Bei der beabsichtigten Aufkommensneutralität der Grundsteuereinnahmen wird sich somit das Wohnen zwangsläufig verteuern.
Der Mieterbund erwartet von Finanzminister Bayaz Aufklärung darüber, warum die Landesregierung nicht früher auf die unerwünschte Verschiebung reagiert und sie verhindert hat. Laut Gemeindetag wurde die die Landesregierung vor Inkrafttreten des Gesetzes auf die Verschiebung der Belastung hingewiesen, hat aber nichts dagegen unternommen.
Nach Kenntnis des Mieterbunds hatten andere Bundesländer rechtzeitig Korrekturen ergriffen. So wurde in NRW das Grundsteuergesetz noch 2024 korrigiert und den Kommunen die rechtliche Möglichkeit gegeben, unterschiedliche Hebesätze für Gewerbe und Wohngrundstücke selbst festzulegen. Manche Bundesländer haben einer Umverteilung vorgebeugt, indem sie für alle Gewerbegrundstücke in ihrem Bundesland eine deutlich höhere Messzahl beschlossen haben. In Sachsen liegt diese doppelt so hoch wie bei Wohngebäuden, wogegen Wohngrundstücke in Baden-Württemberg nur einen Abschlag von 30 Prozent genießen.
„Obwohl die Verteuerung des Wohnens durch das baden-württembergische Landesgesetz vorauszusehen war, beharrte die Landesregierung auf ihrem Gesetzentwurf“, kritisiert Rolf Gaßmann, Landesvorsitzender vom Deutschen Mieterbund. Er hält auch den Vorschlag im Antwortbrief von Minister Bayaz für unsinnig, die Kommunen könnten ja zum Ausgleich „die Gewerbesteuer erhöhen“.
Gaßmann: „Das Bodenwertmodel wurde in Baden-Württemberg vor allem deshalb eingeführt, um Grundeigentümer zum sparsamen Umgang mit der knappen Ressource Boden anzuhalten. Eine Verlagerung auf die Gewerbesteuer macht diesen Effekt wieder zunichte.“ Der Mieterbund besteht deshalb auf seiner Forderung nach einer schnellen Korrektur des Grundsteuergesetzes. Weil die Landesregierung laut ihrem Brief an den Mieterbund „derzeit keinen Anlass sieht, das Landesgrundsteuergesetz zu korrigieren“, sollten zumindest die Kommunen großzügig von ihren Spielräumen Gebrauch machen, fordert der Mieterbund. Schließlich sieht die Abgabenordnung Billigkeitsregelungen bei der Anwendung von steuerrechtlichen Vorschriften vor. Solange die Landesregierung nicht handelt, müssen die Kommunen diese Möglichkeiten nutzen, trotz enger rechtlicher Grenzen, mahnt der Mieterbund.
Brief Mieterbund an Finanzminister Dr. Bayaz - Antwortschreiben